„Die Wahrheit auszusprechen ist kein Verbrechen“
Hans-Christian Ströbele stellt Edward Snowdens Brief an die Bundesregierung vor. Kommt der Whistleblower bald nach Deutschland? –
Von THOMAS EIPELDAUER, 1. November 2013 –
„Hier ist es ja voller als bei Merkel“, sagt einer der Journalisten in der Bundespressekonferenz kurz vor dem Auftritt Hans-Christian Ströbeles am heutigen Freitag zu einem Kollegen. Geladen hatte der grüne Bundestagsabgeordnete, um der Öffentlichkeit einen Brief des US-Whistleblowers Edward Snowden vorzustellen, den dieser ihm bei einem – aus Sicherheitsgründen weitgehend geheim vorbereiteten und bereits seit Juni angebahnten – Treffen in Moskau übergeben hatte.
„An die Zuständigen“ wendet sich Snowden darin, und er teilt ihnen mit, dass er als ehemaliger Mitarbeiter bei den US-Geheimdiensten NSA und CIA „Zeuge systematischer Gesetzesverstöße“ seiner Regierung geworden sei. Dies habe ihn „aus moralischer Pflicht zum Handeln“ veranlasst. Die Reaktionen auf seine Enthüllungen hätten ihn ermutigt: „Bürger auf der ganzen Welt und auch hohe Amtsträger – einschließlich der Vereinigten Staaten – haben die Enthüllungen zu einem System der allumfassenden Überwachung, das niemandem Rechenschaft schuldig ist, als einen Dienst an der Öffentlichkeit beurteilt.“
Trotzdem sehe die US-Regierung seine Tat nach wie vor als Verbrechen und kriminalisiere seine politische Meinungsäußerung. „Dennoch: Die Wahrheit auszusprechen ist kein Verbrechen.“ Snowden zeigt sich zuversichtlich, dass Washington durch internationalen Druck doch noch zu einem Einlenken bewegt werden könne.
„… mit Ihnen in Ihrem Land“
Die für die deutsche Regierung brisantesten Stellen finden sich am Ende des Schreibens. Dort deutet der Ex-Geheimdienstler an, dass er sich gerne an der „verantwortungsvollen Aufklärung der Sachverhalte“ beteiligen würde. „Ich freue mich auf ein Gepräch mit Ihnen in Ihrem Land, sobald die Situation geklärt ist und danke Ihnen für Ihre Bemühungen, das internationale Recht zu wahren, das uns alle beschützt.“