geldsystempiraten

Der Lebensweg einer Staatsanleihe

Der Lebensweg einer Staatsanleihe

Publiziert 2. März 2014 | Von Bunki

In diesem Artikel soll erklärt werden, wie  Staatsanleihen entstehen, wie sie vergehen und durch welche Hände sie im  Lauf ihrer Existenz gehen können. Dabei sollen vorhandene  Missverständnisse aufgeklärt werden und Auswirkungen auf Volkswirtschaft  und Finanzpolitik in klarerem Licht erscheinen. Gerne wird fälschlicherweise angenommen, dass eine Staatsanleihe ein Darlehen an den Staat darstellt. Auch die Vorstellung, dass Staatsschulden dem Wirtschaftskreislauf Geld entzögen wird sich als falsch erweisen. Tatsächlich spielt die Herausgabe von Staatsanleihen eine wichte Rolle im komplexen Zusammenspiel mit privater Kreditvergabe, Notenbankoperationen und Finanzmärkten bei der Regulierung der Geldmenge.

Die Geburt einer Staatsanleihe

Wenn der Staat eine offene Rechnung hat, jedoch nicht genügend

Geld, diese zu begleichen, dann emittiert er eine Staatsanleihe. Der geldtechnische Ablauf findet innerhalb eines Tages statt. Dazu muss man zunächst wissen: Der Staat hat ein Konto bei der Zentralbank, das jeden Tag zu Beginn und zum Ende auf null steht. (Grund ist hierfür der Art. 104 des Maastrichter Vertrages (PDF 79kB) )

Banken haben prinzipiell Interesse daran Staatsanleihen zu kaufen, denn der Staat zahlt darauf Zinsen. Außerdem ist das Verlustrisiko verschwindend gering. Jedoch dürfen nur ausgewählte Banken, die sogenannten „Bieterbanken“ Staatsanleihen kaufen (eine aktuelle Übersicht findet sich hier). Diese Banken zahlen nun dem Staat die Staatsanleihe in Zentralbankgeld auf das Staatskonto. Hier findet noch keine Geldschöpfung statt. Da die Banken das Zentralbankgeld bereits vorher auf ihren Konten hatten, handelt es sich nur um einen Aktivtausch in der Bankbilanz: Zentralbankgeld wird ausgebucht, eine Staatsanleihe eingebucht.

Nun stellt sich die Frage, wie der Staat mit dem Zentralbankgeld seine Ausgaben bezahlt. Diese haben in Giralgeld (das Geld der Geschäftsbanken) zu erfolgen. Die Löhne der Beamten, beispielsweise, müssen ja auf deren Giralgeldkonten auftauchen.

Bei der Begleichung der Rechnung geschieht Folgendes: Der Staat überweist das Zentralbankgeld zurück auf die Konten der Bieterbanken (und weiterer Banken). Bei dieser (Rück-)Überweisung entsteht das Giralgeld! Die Geschäftsbanken buchen auf ihrer Aktivseite das eintreffende Zentralbankgeld ein und erhöhen die Sichteinlagen des Empfängers (z.B. der Beamten) um den entsprechenden Wert.

Eine Geschäftsbank, die also eine Staatsanleihe, für beispielsweise  1000 €, mit Zentralbankgeld kauft, tätigt eine entsprechende Überweisung auf das Staatskonto. Davon bezahlt der Staat den Lohn für die Beamten (oder die offene Rechnung), beispielsweise 1000 € Zentralbankgeld, an die Bank, bei der die Beamte ihr Konto hat. Diese Bank erhält die 1000 € Zentralbankgeld auf der Aktivseite und erhöht ihre Barreserven – gleichzeitig erhöht die Geschäftsbank die Zahl auf dem Girokonto der Beamten um 1000 €: das Gehalt ist eingegangen.

Das bedeutet konkret, dass durch die Ausgabe von Staatsanleihen neues Giralgeld geschöpft wird, genauso wie bei jedem anderen Kredit. Das Ergebnis ist in folgender Grafik dargestellt:

 

Als Gegenleistung für die erhaltene Staatsanleihe erzeugt die Geschäftsbank beim Kunden neues Giralgeld durch Bilanzverlängerung. Dies bedeutet, dass niemand dem Staat Geld leiht, auch nicht die Bank. Es handelt sich nicht um ein Darlehen. Dieses Geld wird frisch erzeugt, es ist also geschöpft.

 

Welches Interesse haben Geschäftsbanken, den Staaten die Staatsanleihen abzukaufen?

Staatsanleihen haben zwei große Vorteile für Banken. Der erste Vorteil sind die Zinsen, die die Bank als Gewinn verbuchen kann. Da Staatsanleihen bisher grundsätzlich als sehr sicher galten, war dies auch eine sehr sichere Basis, auf der Gewinne generiert worden sind.

Der zweite große Vorteil von Staatsanleihen liegt darin, dass sie von der Geschäftsbank bei der Zentralbank “in Pension” geschickt werden können. Dabei bekommt die Geschäftsbank  wieder frisches Zentralbankgeld, ähnlich einer Hypothek auf ein Haus, bloß dass hier die Staatsanleihe als Besicherung fungiert. Diesen Vorgang veranschaulicht folgendes Bild:

Die Barreserve, also das Zentralbankgeld der Geschäftsbank, erhöht sich um den Wert der Staatsanleihe, die bei der Zentralbank in Pension geschickt wird. Der Wertpapierbestand reduziert sich entsprechend kalkulatorisch, da der Eigentümer der Staatsanleihe nicht wirklich wechselt. Das heißt auch, dass die Geschäftsbank weiter die Zinsen für die Anleihe kassiert. Die Geschäftsbank kann diese „pensionierten“ Anleihen in der Zeit der Pensionierung nicht an Dritte verkaufen. Auf das frische Zentralbankgeld hat die Geschäftsbank Zinsen zu zahlen, wie das bei jeder Hypothek auch der Fall ist. Der Zinssatz ist (im Wesentlichen) der Leitzins der Zentralbank, welcher Inhalt vieler Nachrichtenmeldungen ist.

 

Eine Staatsanleihe verlässt den Bankensektor

Verkauft eine Geschäftsbank eine Staatsanleihe an eine Nichtbank (das kann jeder Wirtschaftsteilnehmer sein, der keine Bank ist, etwa eine Privatperson), dann erhöht sich das Sachvermögen der Nichtbank (Privatperson), bei gleichzeitiger Abbuchung des  Kaufbetrages vom Girokonto der Privatperson. Mit der Abbuchung verringert sich der Bestand an Sichtanlagen und folglich die Menge an Giralgeld in der Volkwirtschaft. Für die Privatperson handelt es sich hierbei nur um einen Aktivtausch in der Bilanz: Giralgeld verlässt die Bilanz und eine Staatsanleihe im gleichen Wert wird eingebucht. Der gleiche Vorgang bewirkt in einer Geschäftsbankenbilanz etwas völlig anderes. Wenn eine Geschäftsbank ein Wertpapier ausbucht, um es an eine Privatperson zu geben, verliert sie einen Wert auf der Aktivseite ihrer Bilanz. Als Gegenleistung reduziert sich in der Geschäftsbankenbilanz die Passivseite um den entsprechenden Betrag. Es findet eine Bilanzverkürzung statt. Dies ist für die Bank von Vorteil, da das Giralgeld der Privatperson, welches bei der Bank auf dem Konto liegt, aus Sicht der Bank eine Schuld darstellt, die sich dadurch reduziert, dass sie uns einen Wert (die Staatsanleihe) verkauft.Gerne wird fälschlicherweise angenommen, dass das Geld, welches wir für eine Staatsanleihe bezahlen, nun bei der Bank als Guthaben existiert. Genauso falsch ist die Vorstellung, dass wir, wenn wir eine Staatsanleihe von einer Bank kaufen, gleichzeitig dem Staat einen Kredit geben.Die Bilanz einer Geschäftsbank verkürzt sich exakt so als würden wir einen eigenen Kredit tilgen, mit der Folge, dass sich die Geldmenge M1 um den Betrag der Staatsanleihe reduziert. Das Geld, das bei der Entstehung einer Staatsanleihe als Kredit dem Staat gewährt wurde und so die Geldmenge erhöht hat, ist nun also dem Geldkreislauf wieder entzogen. Das Resultat ist lediglich ein Vermögenswert in der Hand einer Privatperson.

 

Eine Staatsanleihe kehrt zum Bankensektor zurück

Das Gegenteil passiert, wenn die Privatperson die Staatsanleihe wieder an eine Bank zurück verkauft.

In der Bilanz der Privatperson reduziert sich das Sachvermögen, da die Staatsanleihe an die Bank zurückgegeben wird, gleichzeitig erhöht sich das Giralgeld der Privatperson, indem es die Bank auf ihrem Konto gutschreibt.

Für die Geschäftsbank ist dieser Vorgang eine Bilanzverlängerung, wie sie ähnlich bei einer Kreditvergabe stattfindet. Auf der Aktivseite der Geschäftsbankenbilanz wird die Staatsanleihe eingebucht, gleichzeitig erzeugt die Geschäftsbank das entsprechende Giralgeld auf dem Konto der Privatperson. Dieses Geld hat – wie ein Kredit – vorher nicht existiert. Die Geldmenge M1 vergrößert sich dabei.

 

Der Tod einer Staatsanleihe

Das Leben einer Staatsanleihe endet mit ihrer Auflösung. An einem jeweils festgeschriebenen Datum muss jede Staatsanleihe zurückgezahlt werden.

Staatsanleihen haben unterschiedliche Laufzeiten. Sie reichen von einem Tag bis zu über 30 Jahren. Am Ende der Laufzeit erhält der Gläubiger das Geld in Höhe des vollen Nennwertes zuzüglich. der darauf zu zahlenden Zinsen.

Für die Bank, die die Staatsanleihe hält, bedeutet das einen Aktivtausch in der Bilanz. Der Staat zahlt von seinem Staatskonto bei der Zentralbank Zentralbankgeld an die Bank und die Bank gibt die Staatsanleihe zurück an den Staat.

Da die Staaten sich heutzutage über Staatsanleihen finanzieren, handelt es sich hierbei um einen rollierenden Vorgang, d.h. der Staat gibt eine neue Staatsanleihe aus, um die auslaufende Staatsanleihe zu bezahlen.

Ist die auslaufende Staatsanleihe in der Hand einer Nichtbank, dann verkauft die Nichtbank die auslaufende Staatsanleihe an eine Bank, die wieder, wie oben beschrieben, das Giralgeld auf der Passivseite entstehen lässt (Bilanzverlängerung). Im Anschluss erfolgt erneut ein Aktivtausch der auslaufenden Staatsanleihe, indem Zentralbankgeld vom Staatskonto an die Bank überwiesen wird.

 

Zusammenfassung

Der Geldfluss bei einer Anleihe ist vereinfacht wie folgt:
  1.  Bei der Herausgabe einer Staatsanleihen findet Geldschöpfung zu Händen  des Staates statt, in Analogie zur Geldschöpfung durch die  Kreditvergaben der Banken (Erhöhung der Geldmenge M1). Dieses Geld gibt der Staat in der Wirtschaft aus, z.B. über Löhne für Beamte. Dieses Geld wird in der Wirtschaft getauscht (der Beamte kauft von seinem Gehalt z.B. Lebensmittel) und bleibt solange im Tauschmittelkreislauf (Geldmenge M1) bis:
    1. entweder der Staat das Geld über Steuerzahlungen wiederbekommt (Idealfall), damit seinen Kredit bei der Bank zurückzahlt und sein “Pfand”, die Staatsanleihe, so zurückbekommt
      oder
    2. ein Wirtschaftsteilnehmer das Geld nicht weiter tauscht (Leistungsverzicht gegenüber der Wirtschaft) und es “spart”. Jetzt kann er das Geld langfristig fixieren (z. B. für 2 Jahre fest anlegen), dann wird das Geld M1 zur Geldmenge M2 oder M3 und zirkuliert so nicht mehr in der Wirtschaft, bleibt aber in der Bankbilanz (wie auch die Staatsanleihe)
      oder
    3. wie bei Punkt b., es zum Leistungsverzicht durch Sparen kommt. Allerdings kauft nun der Sparer der Bank eine Staatsanleihe als “Geldvermögen” ab. Dabei reduziert sich die Geldmenge M1, der Vermögenswert “Staatsanleihe” verlässt die Bankbilanz und wandert in den Besitz des Sparers.
  2. (optional) Mit dem Verkauf der Staatsanleihe an den privaten Sektor findet eine Bilanzverkürzung beim Bankensektor statt.
  3. (optional) Im Moment des Rückkaufs der Staatsanleihe durch eine Bank erfolgt die entsprechende Bilanzverlängerung.
  4. Am Ende der Laufzeit erhält der Inhaber der Staatsanleihe das Geld in Höhe des vollen Nennwertes, zuzüglich. der darauf zu zahlenden Zinsen.

Mit dem Verständnis dieser Vorgänge sollte nun klar sein, dass das Geld, das durch die Erzeugung einer Staatsanleihe entstanden ist, solange existiert, bis eine Nichtbank diese Staatsanleihe der Bank abkauft. Dabei wird das Geld wieder vernichtet. Übrig bleibt ein Vermögenswert in der Hand einer Nichtbank. Dieses Vermögen ist gleichzeitig die Schuld des Staates. Die Schuldzinsen, die der Staat für die Staatsanleihe zu zahlen hat, erhält der Eigentümer der Staatsanleihe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.