Radikale Ökologie

»Mit allem, was wir angefangen haben, sind wir in die Absurdität des Gegenteils geraten: Mit dem Versuch, die Äcker fruchtbar zu machen, haben wir sie fast zu Tode gefoltert. Mit dem Versuch, uns vor Feinden zu schützen, sind wir so nah wie möglich an den großen Weltbrand gekommen. In dem Bemühen, uns fortzubewegen, haben wir die Lebenswelt zerfetzt, in der sich fortzubewegen lohnend wäre. Das Bestreben, auch die Kommunikation zu beschleunigen, hat das sprachlose Geschwätz und die Blindheit vor den Bildern hervorgebracht. Der Versuch, zu heilen und zu helfen, gerät auf die unterschiedlichste Weise an die Grenzen der Unmenschlichkeit.«

  • Jürgen Dahl –

     

WAS WÄRE, WENN DER MENSCH AUSSTIRBT? Nichts weiter. ›Die Natur‹, was immer das ist, würde uns überleben, irgendwie. Schwer angeschlagen, verändert vielleicht, aber vital, dynamisch und chaotisch-anpassungsfähig. Das Leben ginge auch ohne uns weiter. Wenn wir uns die Natur als ein denkendes Geschöpf vorstellen, müßte sie sogar überaus erleichtert sein, wenn die Gattung Mensch endlich verschwände, denn es gibt kein zweites biologisches Wesen, das im ›Gesamtsystem Natur‹ derart verheerend wirkt.

Die Menschheit hat in der verhältnismäßig kurzen Zeit seit dem Auftreten ihrer Zivilisation eine grauenhafte Bilanz hinterlassen. Gefräßig, sich hemmungslos vervielfältigend, rücksichtslos und planlos ist sie dabei, alles niederzumachen, was ihr im Weg steht. Tierarten werden unwiederbringlich ausgerottet, Waldregionen verschwinden, der Boden wird durchwühlt, geplündert und zerstört, Wüsten breiten sich aus, das Wasser wird knapp, die Luft wird vergiftet und die Atmosphäre fängt an, sich in ihre Bestandteile aufzulösen. Dafür breitet sich die Gattung Mensch rasend aus und nimmt jeden Quadratmeter bewohnbarer Oberfläche in Anspruch, um ihn mit System in unbewohnbare Oberfläche zu verwandeln. Alles auf der Welt teilt er in nützlich und schädlich auf, in konsumierbar und unkonsumierbar, in ökonomisch verwertbar und ökonomisch wertlos. Ein Schweizer Autoaufkleber bringt es auf den Punkt: »Mein Auto fährt auch ohne Wald!«

Konsequent hat der Mensch diesen Weg verfolgt. Der Motor dieser Konsequenz ist die Wirtschaft, die für den ›zivilisierten Menschen‹ über allem steht. Etwa ein Dutzend Tiere sind ›nützlich‹, sie werden industriell produziert, gequält, gemolken, geschlachtet, genetisch manipuliert und so effektiv wie möglich ausgebeutet. Der Rest ist ›unnütz‹ und wird Stück um Stück ausgerottet. Ein paar Exemplare überleben in Zoos, und bald genügt vielleicht ein Magnetband plus Gencode*, um sie hinreichend zu archivieren. Bei den Pflanzen unterscheidet der Mensch zwischen ›Nutzpflanzen‹ und ›Unkraut‹, und so verfährt er auch: Der Traum industrieller ›Pflanzenproduktion‹ (ich war versucht zu schreiben: »landwirtschaftlichen Anbaus«, aber das stimmt schon nicht mehr) ist die im Labor genetisch optimierte Frucht, die in Hallen auf Styroporplatten mit Nährlösungen besprüht wird, weder mit Erde noch Sonne in Berührung kommt und, nebenbei bemerkt, nahezu geschmacklos ist.

 

Fortschritt

Noch vor 20 Jahren hatte das Wort »Fortschritt« einen positiven Klang. Es ging voran, und daß alles immer besser würde, daran bestand kein Zweifel. Fortschritt stand als Synonym für Vernunft, für das Richtige, das Bessere. Gerade auch die Linke bewertete alles nach der Frage, ob etwas ›fortschrittlich‹ sei oder nicht. Der Mensch, so glaubte man allgemein, könne mit Hilfe von Technik und Wissenschaft schließlich alle Probleme in den Griff bekommen und – endlich – »die Naturgewalten besiegen«. Als kleiner Bub fand ich das ganz ›natürlich‹.

Natürlich‹ aber kann für den Menschen nur sein, in der Natur und mit der Natur zu leben. Die Natur könnte ohne den Menschen ganz gut auskommen, der Mensch ohne die Natur aber nicht. Sie ist deshalb jedoch nicht der Feind des Menschen, den es zu besiegen gälte. Die Menschheit muß, um den Preis des Untergangs, lernen, sich ihrerseits nicht länger als Feind der Natur zu verstehen.

Die Lehre von den Zusammenhängen der Natur, ihrem Gleichgewicht und ihren vielfaltigen Wechselwirkungen samt der Rolle, die der Mensch darin spielt, nennen wir Ökologie.

Seit etwa hundertfünfzig Jahren lebt die Menschheit im Vollrausch des Glaubens an ihren technischen Fortschritt. Großspurig hat sie diesen Zustand das ›industrielle Zeitalter‹ genannt, allerdings ist jetzt schon abzusehen, daß es kein ›Zeitalter‹ sein wird, sondern eher eine katastrophale Episode, die so oder so rasch zu Ende gehen wird. So oder so – das heißt: mit oder ohne Mensch.

Fortschritt‹ müßte also neu definiert werden. Er kann nicht länger bedeuten, die Natur zu unterwerfen. ›Fortschritt‹, der mit der Natur in Einklang kommen will, sollte eigentlich einen anderen Namen bekommen, denn das, was wir gemeinhin darunter verstehen, ist die Rücksichtslosigkeit eines technischen Fortschritts, der im Dienste einer ebenso rücksichtslo­sen Ökonomie angetreten ist, die Natur genauso zu verknechten, wie sie es mit den an dieser Ökonomie beteiligten Menschen tut. Die Idee von der ›Herrschaft über die Natur‹ und der ›Herrschaft über Menschen‹ ist halt eine Weltanschauung aus einem Guß.

Ist es nicht vielleicht übertrieben, alles so schwarz zu sehen? Offenbar geht es uns doch ganz gut. Und die paar Folgeerscheinungen – sollten wir die nicht in den Griff kriegen?

 

Umweltschutz

Vor hundertsechzig Jahren lebte eine Milliarde Menschen. Heute sind es knapp sechs. Um von einer Million auf die erste Milliarde zu kommen, mußten gut zehntausend Jahre vergehen, von der zweiten auf die dritte Milliarde braucht es nur noch dreißig Jahre. Seit vor hundertfünfzig Jahren das Industriezeitalter begann, wurden mehr Rohstoffe verbraucht als in den dreitausend vorangehenden Jahren zusammen. Das was der Mensch ›Bodenschätze‹ nennt, wird schwindelerregend schnell verbraucht – und in absehbarer Zeit alle sein. Was man aus ihnen herstellt, wird rasch unbrauchbar und bleibt als Abfall, Müll, Schrott, Gift zurück. Was damit geschehen soll, weiß niemand. Bei dem, was der Mensch ›Veredelung‹ nennt, entstehen neue Stoffe, die es vorher nicht gab, die nicht verrotten, nicht in den natürlichen Kreislauf zurückkehren, und über deren Wirkung man nichts weiß. In der Natur geschehen alle Abläufe als Wechselwirkungen, die sehr komplex ablaufen. Wie sich die von uns erzeugten Abfallstoffe wechselwirkend auf die Natur – und damit auch auf uns – auswirken, läßt sich nicht vorhersagen, sondern nur erfahren. Und die Erfahrungen zeigen, daß solche Stoffe die Grundlagen der Natur zerstören. Dagegen kann man nichts Wesentliches tun, außer, sie zu verpacken, verstecken, anzuhäufen oder umzulagern. Das einzig Vernünftige wäre, aufzuhören, solche Stoffe zu produzieren. Aber das würde eine andere Ökonomie, eine andere Lebensauffassung, ja, eine andere Gesellschaft voraussetzen.

 

Stattdessen wird versucht, die Folgen der Technologie durch noch mehr Technologie ›in den Griff‹ zu kriegen. Wir nennen das ›technischen Umweltschutz‹, und der ist zur Zeit ganz groß in Mode, denn er ist ein expandierender* Wirtschaftszweig, der Arbeitsplätze schafft. Und er tröstet die Menschen, indem er Ängste beruhigt und schlechte Gewissen verdrängt. Ein Beispiel: Seitdem die Automobilindustrie den Katalysator vermarktet, glaubt jeder, der ihn benutzt, er täte etwas für die Umwelt. Das ist falsch. Der Katalysator entlastet weniger die Natur als vielmehr das Gewissen seiner Käufer. Ich meine dabei gar nicht so sehr den ›Nebeneffekt‹, daß die Kat-Technologie zusätzlich Distickstoffoxid in die Luft bläst, sondern die simple Tatsache, daß seit der ›Katalysatorära‹ mehr Autos verkauft wurden als je zuvor. Das heißt: der Gesamtausstoß an Autoabgasen ist weiter gestiegen, erneut sind riesige Land­schaftsflächen mit Asphalt überzogen worden, weiter sind hunderttausende Menschen im Verkehr gestorben, und ungebrochen sind die Berge von Automobilschrott angewachsen. Ohne den Katalysator wäre zwar all das zweifellos noch schlimmer ausgefallen, aber solche Rechnerei ist für die Natur ohne Belang. Der Katalysatormensch tut also genau genommen nicht etwas für den Umweltschutz, er tut nur etwas weniger gegen die Umwelt. Sich dabei als Umweltschützer zu fühlen ist etwa so falsch, wie wenn ein Ehemann, der ›seine‹ Frau früher täglich schlug und jetzt ›nur noch‹ dreimal wöchentlich, sich als Feminist fühlte.

Umweltschutz ist nicht gleich Ökologie, und Technologie ist nicht gleich Umweltschutz. Natürlich ist gegen einen wirklichen Schutz der Umwelt nichts zu sagen, denn er schafft Erleichterung: eine Atempause, eine augenblickliche Verbesserung. Einen Katalysator ein­zubauen ist nicht schlecht, aber unsere heutige Automobilphilosophie ist falsch. Solange aber die Ursachen sich nicht ändern, werden die Probleme immer wiederkommen, größer als zu­vor. Ernsthaft verstandene Ökologie kommt deshalb gar nicht drum herum, das Übel an der Wurzel zu packen, und genau das heißt »radikal*«. Ökologie, die nicht radikal ist, ist nicht wirklich ökologisch, sondern schlichter ›Umweltschutz‹. Und Umweltschutz geht nach wie vor von dem Irrtum aus, daß wir uns netterweise um die arme, bedrohte Natur kümmern und ihr helfen müßten. Dabei bilden wir uns ein, die Krone der Schöpfung zu sein. Möglich. Der Nabel der lebendigen Welt aber sind wir ganz gewiß nicht.

Der Schutz der Umwelt ist wichtig, dringend nötig und sollte, wo immer wir können, gefördert werden: Als notwendige Voraussetzung für ein wirklich ökologisches Leben. Vieles von dem aber, was uns heute als ›Umweltschutz‹ verkauft wird, schützt die Umwelt gar nicht wirklich. Das gilt besonders für den Trend, die Technologiefolgen mit immer noch aufwendigeren neuen Technologien zu ›bekämpfen‹. Jede Technologie bringt jedoch neue Probleme mit sich, neue Abfallstoffe, neue Ungleichgewichte in der Natur, die wiederum zu Wechselwirkungen führen, die dann mit neuen Technologien und so weiter …

Seit man begonnen hat, unsere Kraftwerke zu entschwefeln, fällt in den Filteranlagen schwermetallhaltiger Gips an. Der Fortschritt besteht darin, daß wir jetzt anstelle von zwei Millionen Tonnen Schwefeldioxid vier Millionen Tonnen giftigen Gips für alle Ewigkeit auf Deponien sicher verwahren müssen. Die allerneusten Waschmittelgrundstoffe, mit denen die schädlichen Phosphate ersetzt wurden, enthalten neue Stoffe, von denen niemand weiß, wie sie in der Natur wirken und wechselwirken. Sie gesellen sich zu den anderen künstlichen Stoffen, von denen wiederum niemand weiß, ob es 50.000, 60.000 oder 70.000 sind, und von denen wiederum nicht bekannt ist, wie sie wirken und wechselwirken, wenn zwei oder drei von ihnen aufeinandertreffen. Man wird es halt ausprobieren. Die Atomkraft, angepriesen als umweltschonende Alternative zu den knappen Rohölreserven, erzeugt heute neben elektrischer Energie vor allem unlösbare Entsorgungsprobleme. »Nichts macht die Absurdität unseres technischen Fortschritts deutlicher«, schreibt der Umweltkritiker Jürgen Dahl, »als die Tatsache, daß im zweiten Jahrtausend zur Erzeugung von Wasserdampf eine Asche produziert wird, die so giftig ist, daß sie noch im zweihundertsten Jahrtausend sorgfältig bewacht werden muß.« Solche Folgeerscheinungen von Folgeerscheinungen von Technologien lassen sich auch mit weiteren Technologien und Folgetechnologien nicht in den Griff kriegen, sondern nur dadurch, daß solche Asche gar nicht mehr entsteht.

 

Zusammenhänge

Umweltschützer ist heute jeder. Sogar die multinationalen Konzerne kokettieren erfolgreich mit diesem publikumswirksamen Begriff. Während sie ihre Werbeagenturen anweisen, nur noch »Anzeigen mit Umweltaussage« zu schalten, kleben sie grüne Punkte auf die falschen Packungen fragwürdiger Erzeugnisse. Zur gleichen Zeit sind ihre Produktdesigner schon dabei, die nächste ökologische Schweinerei auszuhecken und festzuklopfen. Auch Ökologen nennen sich heutzutage viele, meinen damit aber meistens konsequenten Umweltschutz. Es sind jedoch nur wenige, die die Zusammenhänge durchschauen. Dabei liegen sie offen zutage.

Da gibt es erstens den Zusammenhang zwischen Ökologie und Ökonomie. Wenn wir ein jährliches Wirtschaftswachstum von 1,4 % annehmen, wie es unsere Regierung anstrebt, erschreckt das nichtmal die Umweltschützer. Das erscheint harmlos. Die meisten Menschen freuen sich sogar, denn Wachstum ist ja gut. Machen wir uns aber klar, was das bedeutet, so sind das im Laufe von fünfzig Jahren 100 Prozent! Also doppelt soviel Straßen, Häuser, Fabriken, Autos, Kampfflugzeuge. Doppelter Zuwachs (!) an Krankheitskosten, Unfallopfern, Sondermüll, Pestiziden, Ölverbrauch. Doppelte Vernichtung von Wiesen, Wäldern, Fischbeständen, Grundwasser, Atemluft. Gewiß, es bedeutet auch doppelten ›Wohlstand‹ – erkauft jedoch mit doppelt soviel Versicherungen, Steuern, Ärger, Kleinkrediten, Streß, Krankheit, Frust und doppelt soviel Hungertoten weit, weit weg. Sind wir am Ende doppelt so glücklich? Bringt uns das eine verdoppelte Lebensqualität? Eher wohl eine halbierte.

Innerhalb einer Generation läuft es auf doppelten Konsum hinaus, bezahlt mit der Verdoppelung all der Scheiße, die mit dran hängt. Das ist nicht nur teuer bezahlt, das ist unbezahlbar. Denn die Natur interessiert sich weder für unseren Wohlstand noch für unsere Kontoauszüge. Ökonomie ist ihr egal, und sie kippt einfach um.

Natürlich sind das nur theoretische Zahlen. Nicht alles verdoppelt oder halbiert sich. Wenn ich mir aber meinen Straßenatlas hernehme und ihn mit dem aus meiner Jugend vergleiche, die gerade mal 25 Jahre zurückliegt, weiß ich, wohin die Reise geht.

 

Wie sehr unsere falsche Ökonomie auf die Ökologie wirkt, zeigt sich auch daran, daß jede Maßnahme des Umweltschutzes einzig und allein über die Argumentation mit Geld verwirklichbar scheint. Nur dann wird etwas unternommen, wenn es ›sich rechnet‹. Steuervorteile, Subventionen, Abschreibungen, finanzielle Anreize, Arbeitsplätze – das sind die Bonbons, die ausgelegt werden müssen, damit einiges wenigstens weniger schädlich gemacht wird. Daß sich Staaten unter Strafandrohung in Sexualpraktiken, die Ordnung auf Friedhöfen oder Bekleidungsvorschriften einmischen, erscheint uns normal. Das ist wirtschaftlich ja auch neutrales Terrain. Daß sie aber unter Strafandrohung verbieten, daß wir unsere Atmosphäre in ihre Bestandteile zerlegen, ist offenbar undenkbar. Das könnte ja wirtschaftliche Verluste bedeuten.

Wenn eine besonders gekonnte Währungsspekulation über Nacht den Dollarkurs um ein, zwei Prozentpunkte verändert oder die Weltbank ihre Leitzinsen anhebt, wachsen über Nacht auch die Schulden der Entwicklungsländer um etliche Milliarden. Kann man es den Regierungen von Ländern wie Indonesien, Zaïre, Brasilien oder den Philippinen verdenken, wenn sie daraufhin ihre letzten Wälder opfern, um das Holz zu verkaufen? Wir bezichtigen sie des ökologischen Raubbaus. Dabei folgen sie hierin nur den Regeln unserer Ökonomie, auf deren korrekter Einhaltung wir andererseits so viel Wert legen. Angesichts solcher Szenarien wird der anarchistische Slogan plausibel, der behauptet, in allen politischen Systemen sei die Unterjochung des Menschen die Ursache für die Zerstörung der Natur.

» … weil die amerikanische Wirtschaft zur Zeit eine Rezession durchlebt« – so lautete die Begründung eines amerikanischen Präsidenten, der seine Unterschrift unter ein Abkommen verweigerte, das die Ausrottung weiterer Tierarten verhindern sollte. Wenn wir uns die Bedeutung dieser Aussage klar machen, wird augenfällig, wie sehr wir alle – einschließlich der Mächtigen! – Gefangene ökonomischer Zwänge sind.

Würde eine ökologische Gesellschaft deshalb einen ›Rückfall in die Steinzeit‹ bedeuten, wie viele Menschen befürchten? Das ist Unfug, wenn nicht gezielte Stimmungsmache aus den PR-Agenturen der Atomindustrie. Weniger Konsum bedeutet nicht automatisch weniger Lebensqualität und Wohlstand. Elektrischer Strom und Reiseverkehr, Konsumgüter und Unterhaltung, Transport, Genuß und Kommunikation – all das läßt sich natürlich auch ökologisch verträglich herstellen. Die Lichter würden mit Sicherheit nicht ausgehen, die hirnlose Verschwendung allerdings hätte ein Ende. Aber – und das ist bitte nur ein Gedankenspiel! – selbst wenn wir keinen Strom mehr hätten, sollten wir nicht annehmen, daß das Leben verlöschen würde … In Deutschland wurden die letzten Gemeinden in den dreißiger Jahren elektrifiziert, die ersten Städte achtzig Jahre zuvor. An all diesen Orten haben vorher tatsächlich Menschen ohne Strom gelebt! War deren Leben nicht lebenswert, waren sie unglücklicher als wir? Viele Errungenschaften der Technik, ohne die wir uns heute »ein Leben nicht mehr vorstellen können«, gibt es auf der meterlangen Meßlatte menschlicher Zivilisation erst auf den letzten Millimetern. Die Behauptung, ohne sie könnten wir nicht mehr leben, ist einfach lächerlich. Sollten wir nicht fähig sein, auf einiges zu verzichten, wenn der Preis dafür kollektiver Selbstmord wäre? Wie gesagt: Elektrizität bliebe uns durchaus erhalten. Auch ich will nicht auf einen Kühlschrank verzichten oder im Winter frieren! Ein Weniger an Konsum aber kann für unser Leben durchaus ein Mehr an Qualität bedeuten. Einschränkung jedoch ist unumgänglich.

Es ist augenfällig, daß die logischen Folgen unseres Wirtschaftssystems an die Grenzen der Natur stoßen. Kapitalorientierte Wirtschaft muß wachsen, sonst funktioniert sie nicht. Natur aber kann nicht ›wachsen‹, sie befindet sich in einem Gleichgewicht: nichts ist unendlich, nichts unbegrenzt vorhanden. Eine Weile hält die Natur unser Wachstum aus, und das tut sie schon ziemlich lange. Aber das Wachstum hat Grenzen.

Wenn das so ist, können wir daraus nur den Schluß ziehen, daß Ökonomie, so wie sie ist, mit Ökologie nicht zusammenpaßt.

 

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